Kooperation von Reichenbacher und Solukon verbindet essenzielle Postprocessing-Schritte und ermöglicht erstmals automatisiertes Boxentpacken.
Das Entfernen von ungebundenem Pulver ist ein zentraler Schritt in der Nachbearbeitung additiv gefertigter Metallteile. Seit Jahren entfernen Systeme der Firma Solukon das Pulver automatisch aus Bauteilen, die im LPBF-Verfahren gefertigt wurden. Ein gemeinsames Projekt mit Reichenbacher Hamuel geht jetzt noch einen Schritt weiter und automatisiert sowohl das Entpacken aus dem Baubehälter als auch das Entpulvern in einer Anlage.
Nach dem LPBF-Prozess in der AMS 400 von Reichenbacher befindet sich das gedruckte Bauteil in einem sogenannten ‚Pulverkuchen‘ aus unverbrauchtem Metallpulver in einem Baubehälter. Das Entpacken des Bauteils, also das Freilegen des Bauteils aus diesem Pulverkuchen, erfolgt in der Regel durch Absaugen und Freiräumen. Ist das Bauteil freigelegt und aus dem Baubehälter entfernt, wird es in eine Solukon-Anlage gespannt, um auch das ungebundene Metallpulver im Inneren des komplexen Bauteils automatisch zu entfernen. Mittels programmierbarer 2‑Achs-Rotation und Vibration wird das Pulver fließfähig und kann kontrolliert aus den innenliegenden Kanälen auslaufen. So gestaltet sich die Pulverentfernung bei komplexen strahlgeschmolzenen Metallteilen in der Regel. Hier setzt das Projekt von Reichenbacher und Solukon an, welches erstmals beide Prozessschritte in einer automatisierten Anlage vereint.
Das Funktionsprinzip der kombinierten Auspack- und Reinigungsstation
Zentral für das Projekt von Reichenbacher und Solukon ist, dass nicht das Bauteil separat, sondern der gesamte Baubehälter, in dem sich das Bauteil befindet, in die SFM-AT1000‑S geladen wird. Per Nullpunktspannsystem fixiert wird die Reichenbacher-Baubox, deren Boden und Wandung getrennt werden können, anschließend über Kopf gedreht und das erste lose Pulver des Pulverkuchens automatisiert ausgeleert. Das ausgeschleuste Pulver wird direkt einer externen Materialaufbereitungsstation zugeführt.
Anschließend entfernt der Anwender den Rahmen der Box mit einer externen mobilen Hubvorrichtung, sodass das Bauteil frei zugänglich ist. Dann reinigt die Solukon-Anlage (in der Variante mit kurzem Schwenkarm) das Bauteil wie gewohnt mittels der einzigartigen SPR-Technologie® durch programmierbare 2‑Achs-Rotation und gezielte Schwingungsanregung. Mit der SPR-Pathfinder®-Software lässt sich der Bewegungsablauf in der Solukon bequem und voll automatisch anhand der CAD-Datei des Bauteils vorausberechnen. Bis zu 800 kg schwere Bauboxen kann die SFM-AT1000‑S aufnehmen und bekommt mithilfe eines Hochfrequenzklopfers selbst hartnäckigste Pulververklumpungen in den innenliegenden Kanälen des Bauteils gelöst.
Die Baubox mit Bauteil und Pulver wird aus dem Reichenbacher-Drucker entnommen und in die Solukon-Anlage eingesetzt. Dort wird die Box zunächst als Ganzes über Kopf gedreht, bevor dann (nach Abnahme des Rahmens) die Feinreinigung ohne Box stattfindet.
„Die SFM-AT1000‑S mit Boxentpacken ist ein Projekt mit hohem Automatisierungsgrad. Zudem zeigen wir, wie flexibel einsetzbar unsere Anlagen für individuelle Kundenlösungen sind. Als kompetenter Systemlieferant unterstützen wir Reichenbacher beim Projekt zum Boxentpacken strahlgeschmolzener Metallteile. So generieren wir gemeinsam einen echten Wettbewerbsvorteil für die Kunden“, sagt Andreas Hartmann, CEO und CTO von Solukon. Gemeinsam mit dem Team Additive Fertigung von Reichenbacher um Dr. Alexander Kawalla-Nam ist so in Rekordzeit eine industriefähige Automatisierungslösung entstanden. „Mit Solukon haben wir erneut eine Anlage mit einem echten Alleinstellungsmerkmal im Portfolio und heben uns nun auch im Bereich Postprocessing von Standardlösungen des AM-Markts ab. Dadurch ist Reichenbacher in der Lage, die gesamte Prozesskette des 3D-Drucks abzubilden“, ergänzt Dr. Kawalla-Nam. Die kombinierte Anlage SFM-AT1000‑S mit Boxentpacken hat den Praxistest schon bestanden. Bei einem führenden Hersteller von Stahlformen für die Betonsteinindustrie ist das System seit Monaten erfolgreich im Einsatz.
Bei einem führenden Hersteller von Stahlformen für die Betonindustrie ist die kombinierte Lösung bereits im Einsatz.